LinHT – Open-Source-Handfunkgerät mit Zukunftspotenzial

LinHT ist ein frei programmierbares Handfunkgerät, das den Amateurfunk neu denken will. Mit Linux-Betriebssystem und offener Hardware bringt es Spielraum für eigene Ideen und neue Betriebsarten.

Mit dem Erscheinen von Geräten wie dem TYT MD380 beziehungsweise dem baugleichen Retevis RT3 hielten erstmals DMR-Handfunkgeräte chinesischer Hersteller Einzug in den Amateurfunkmarkt, die dank ihres günstigen Preises den Einstieg in DMR auch für diejenigen interessant machten, die es selbst einmal ausprobieren wollten. Richtig spannend wurde es jedoch, als, durch die Vorarbeit von Travis Goodspeed KK4VCZ, auch die Modifikation und Erweiterung der Firmware möglich wurde. Damit ließen sich diese Geräte besser an die Bedürfnisse von Funkamateuren anpassen und boten Funktionen, die weit über den ursprünglichen Funktionsumfang hinausgingen.

Auch rein analoge Geräte wie das beliebte Quansheng K5 und dessen Nachfolger lassen sich inzwischen mit modifizierter Firmware betreiben. Durch ihre niedrigen Preise schrecken erfahrene Bastler nicht davor zurück, die Geräte sogar zu zerlegen, die Hardware zu verändern und individuell zu erweitern.

Allen diesen Funkgeräten ist jedoch eines gemeinsam: Ihre begrenzte Rechenleistung setzt der Weiterentwicklung enge Grenzen, insbesondere, wenn es darum geht, neue digitale Betriebsarten zu unterstützen. Und genau hier setzt LinHT an!

LinHT – Open-Source-Funktechnik zum Selbergestalten

LinHT ist ein offenes, modular aufgebautes Handfunkgerät, das als Open-Source-Hardware entwickelt wird. Ziel des Projekts ist es, ein flexibles und zukunftssicheres Funkgerät zu schaffen, das sich sowohl in Hard- als auch in Software frei anpassen lässt. Von Grund auf als Software Defined Transceiver konzipiert, übernimmt ein leistungsfähiges System-on-Module (SoM) unter Linux die gesamte Signalverarbeitung.

Das LinHT verwendet Linux als Betriebssystem, Quelle: m17project.org

Die Hardware besteht aus einer eigens von Vlastimil OK5VAS entwickelten Hauptplatine, die in das Gehäuse eines handelsüblichen Retevis C62 beziehungsweise Chierda UV58D passt und das originale Chassis, Display und Bedienelemente sowie den Originalakku weiterverwendet.

Von Vlastimil OK5VAS entwickelte Leiterplatte, Quelle: m17project.org

Bereits jetzt beherrscht LinHT den Empfang und die Aussendung von M17-Signalen, zudem wurde der Empfang von TETRA erfolgreich getestet. Sogar eine Testübertragung mit 64QAM bei 1,5 Mbit/s konnte erfolgreich durchgeführt werden.

Erfolgreiche 64QAM Aussendung mit 1,5 Mbit/s, Quelle: m17project.org

Die gesamte Funktionalität wird dabei über GNU Radio Flowgraphs definiert. Entwickler können ihre eigenen Signalverarbeitungsblöcke erstellen und so das Verhalten des Geräts frei gestalten. Möglich macht das ein System-on-Module (SoM) mit Linux, auf das man per USB-C via SSH zugreifen kann. Neue Funktionen lassen sich dadurch einfach aufspielen und sofort nutzen.

Sogar an künftige Erweiterungen ist gedacht: Das SoM verfügt über eine Neural Processing Unit (NPU) mit TensorFlow-Lite-Unterstützung, die künftig beispielsweise die Sprachdekodierung mit Codec2 verbessern könnte.

Fazit

LinHT ist kein weiteres kommerzielles Funkgerät, sondern eine offene Plattform für Experimente. Es ermöglicht Funkamateuren, neue Betriebsarten auszuprobieren, bestehende Technologien weiterzuentwickeln oder völlig eigene Ideen umzusetzen. Statt an die Grenzen einer fertigen Firmware gebunden zu sein, lässt sich das gesamte Verhalten des Geräts frei programmieren.

Auch wenn auf der diesjährigen M17-Konferenz bereits das Potenzial von LinHT deutlich wurde, steckt das Projekt noch in den Kinderschuhen. Die Hardware ist derzeit (noch) relativ teuer, und zusätzlich wird ein Spenderradio benötigt, um daraus ein vollständiges Handfunkgerät zu machen. Der Einbau der Hauptplatine sowie der Umgang mit den notwendigen (Linux-)Softwaretools dürfte viele Funkamateure zudem vor eine große Hürde stellen.

Trotzdem begrüße ich diese Entwicklung sehr und werde hier auf DL-Nordwest auch weiterhin über den Fortschritt des Projekts berichten. Und wer weiß, vielleicht wird LinHT eines Tages marktreif, und ein Hersteller bringt ein fertiges Gerät mit ausgereifter Firmware auf den Markt, das endlich alle gängigen digitalen Betriebsarten in einem einzigen Handfunkgerät vereint.

Weitere Informationen und aktuelle Entwicklungsstände sind auf der Projektseite unter uart.cz/en/2811/linht-open-sdr-handheld-for-radio-amateurs sowie des M17-Projekts unter m17project.org zu finden.

Ist LinHT der nächste große Schritt im Amateurfunk, oder doch eher eine spannende Spielerei für Technik-Nerds? Schreibt uns eure Meinung gerne in die Kommentare unter diesem Beitrag oder diskutiert sie mit uns in unserer Telegram- oder WhatsApp-Gruppe.

Team DL-Nordwest, Stephan 9V1LH/(9M2/)DG1BGS


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